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Kitas in Sachsen-Anhalt

Reihenweise Schließungen durch Personalnotstand

Die im November veröffentlichten Ergebnisse der CORRECtIV-Recherche zeigen deutlich den eklatanten Kita-Notstand in ganz Deutschland auf. Wie schlimm es um die Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt steht, verdeutlicht außerdem eine Auswertung der Daten des Landesverwaltungsamtes (LVWA) durch den MDR.

Im Dezember 2023 mussten mindestens 280 der 1.800 Krippen, Kindergärten und Horte ihre Betreuungszeiten aufgrund von Personalmangel ändern. Das ist rund eine von sechs Kitas! 250 Einrichtungen verkürzten ihre Öffnungszeiten, 25 schlossen ganz. Ein Blick auf den Personalschlüssel in Kitas aller Bundesländer zeigt, dass Sachsen-Anhalt im U3-Bereich mit einem Fachkraft-Kind-Schlüssel von 5,6 nur etwas besser als Mecklenburg-Vorpommern (5,8) ist, bei den Kindern über drei Jahren ist Sachsen-Anhalt mit einem Schlüssel von 10,1 drittletzter, schlechter sind hier nur Sachsen (10,8) und Mecklenburg-Vorpommern (11,9). Diese Berechnung sieht Kathrin Klähn, Leiterin einer Kita in Salzwedel und zweite Vorsitzende des Kitafachkräfteverbandes Sachsen/Sachsen-Anhalt, im Interview mit dem MDR als größtes Problem in Sachsen-Anhalt: „Der Personalschlüssel geht grundlegend davon aus, dass die Fachkräfte immer anwesend sind und das ist natürlich nicht der Fall.“ Angesichts vielfältiger Ausfallzeiten wie Krankheit, Urlaub, Teammeetings, Elterngespräche, Weiterbildung und Regenerationstage sehe die tatsächliche Fachkraft-Kind-Relation deutlich schlechter aus. „Sachsen-Anhalt hat noch immer einen der bundesweit schlechtesten Personalschlüssel in den Kitas,“ betont auch Nicole Anger, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, gegenüber dem MDR. „Für mittelbare pädagogische Aufgaben, neben der direkten Betreuung der Kinder, wie beispielsweise Elterngespräche führen, steht keine Zeit zur Verfügung.“

Aber auch die direkte Betreuung der Kinder leidet: Fachkräfte fehlen, die Erzieher*innen sind überlastet, der Krankenstand und damit auch die Belastung steigen weiter – ein Teufelskreis. „Wir haben viel weniger Zeit für die Kinder. Die Kinder müssen viel mitlaufen,“ schildert Kathrin Klähn. „Die PISA-Studie ist auch ein Ergebnis davon, wie mit den Rahmenbedingungen in der frühkindlichen Bildung umgegangen wird.“ Der Alltag ist gehetzt, die Erzieher*innen müssen sich beeilen, die Gruppen werden größer, der Lärmpegel steigt. Doch individuelles Betreuen der Kinder und ein Entzerren der Gruppen ist wegen der fehlenden Fachkräfte kaum möglich. „Meiner Meinung nach haben wir in den letzten Jahren den Blick für das Wesentliche verloren, nämlich den Blick fürs Kind“, warnt Klähn. „Was nützen mir 20 Konzepte in der Schublade und zehn superqualifizierte Fachkräfte, die die Konzepte von A bis Z auswendig können, wenn es aber menschlich nicht funktioniert – also, wenn es dann draußen am Kind einfach nicht läuft? Dieses Zwischenmenschliche und der Blick aufs Wesentliche, dass wir als Fachkräfte uns auf die Kinder konzentrieren können, sind total verloren gegangen.“

Im Rahmen des KiTa-Qualitätsgesetzes unterstützt der Bund das Land Sachsen-Anhalt mit 100 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben finanziert das Sozialministerium im Hinblick auf den Personalmangel mit dem Geld ein Quereinsteigerprogramm, eine Fachkräfteoffensive und eine Schulgeldfreiheit für die Ausbildung in erzieherischen Berufen in Bezug auf Personalmangel.
 

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Leitung: Christiane Rex